Flow ist das völlige Aufgehen im Moment, wenn innere Motivation, äußere Herausforderung und eigenes Können im Gleichgewicht sind.
Im Flow wird man eins mit seinem Tun. Im Flow leistet man mühelos und erlebt die schönsten Momente.
Im Flow bleibt die Zeit stehen.
Flow macht glücklich.

Harald Philipp, "Warum Mountainbiken glücklich macht"

Der gute Harald Philipp hat schon Recht mit seinen Worten. Sobald unsere Bikes losrollen fühlt es sich gut an. Wir sehen keine störenden Felsen, keine engen Rinnen, keine hohen Stufen, wir sehen nur mehr einen fahrbaren Weg. In völliger Fokussierung nehmen wir nichts anderes mehr wahr. Wir freuen uns mit jedem gefahrenen Meter und besiegen somit viele technisch schwierige Stellen.

An zwei oder drei Stellen ist der Trail doch zu fies. Kombinationen aus hohen Stufen und engen Kurven versperren uns die Weiterfahrt. Absteigen ist hier kein Problem.

Die Zufallhütte auf 2264 m Höhe liegt so traumhaft, hier können wir nicht vorbei fahren, auch wenn das ein paar Höhenmeter zu Schieben sind. Wir finden einen schönen Platz vor der Hütte und versorgen uns mit Essbarem. An der Theke im Inneren der Hütte traue ich meinen Ohren nicht. Ein deutscher Wanderer liest die Angebote und fragt doch tatsächlich: "Belegte Brote? Was kann ich mir darunter vorstellen?" Jonas und ich verdrehen hinter dem preußischen Wandersmann die Augen. Unser Essen bestellen wir mit tiefsten bayerischen Dialekt, nein, wir gehören nicht zu ihm.

Frisch gestärkt geht es weiter. Wir rollen recht anspruchsvoll runter zur Asphaltstraße. Hier vernichten wir einige Hundert Höhenmeter auf Asphalt, die sinnlose Auf- und Abschieberei auf dem oberen Teil des 36er Weges wollen wir uns heute sparen. Das hat 2016 genügt.
Beim Gasthof Waldheim biegen wir dann in den 36er Weg ein. Der Marteller Talweg bringt uns in hohem Tempo über grüne Wiesen und schattige Wälder an den Ortschaften Gand, Martell und Ennewasser vorbei, runter Richtung Etschtal.
Alex verliert einmal das von Harald Philipp beschriebene Gleichgewicht aus äußerer Herausforderung und eigenem Können. Eine enge, tiefe Fahrrinne, 20 cm daneben ein weitmaschiger Drahtzaun, tiefer, sandiger Untergrund und erhebliches Gefälle lassen Alex über den Lenker absteigen. Er küsst den sandigen Untergrund und sieht dann dementsprechend aus.
Außer ein paar Schrammen und viel Dreck in Alex´s Gesicht ist nix passiert. Weiter geht die Sause.

Irgendwann ist der 36er dann doch zu Ende. Wir weichen auf die Teerstraße aus um sie kurz darauf wieder zu verlassen. Als Abschluß unserer Trailtour radeln wir noch kurz zur Burg Obermontani rauf. Die lustigsandigen Trails der zwei Burgen Obermontani und Untermontani lassen ein weiteres mal unsere Herzen höher schlagen. Von Goldrain nach Schlanders rauf, bei gefühlten 35° Celsius, verlassen wir unseren Flow. Wir kommen in der Gegenwart an, vor allem weil wir unser Hotel nicht gleich finden.

Nach einer kühlen Radler verabschieden wir uns von Alex und seiner Familie. Die Glücklichen liegen am Hotelpool.
Für Sonja, Jonas und mich geht es heute noch übers majestätische Timmelsjoch (2509 m) nach Sölden. Dass ich 2016 beim Alpencross da rüber bin, mag ich gar nicht erwähnen... :-)