AlpenX Tag 1 Valser Jöchl
Brenner - Sterzing - Mauls - Ritzail - Valser Jöchl - Bergstation Jochtal - Anratter Hütte - Spinges - Schabs - Brixen
58 km / 1250 hm
Soll ich beginnen wie immer, oder soll ich s Ende gleich vornweg nehmen?
Es fällt mir schwer, so zu schreiben wie immer.
Ich nehm das Ende vornweg, genau genommen greif ich ja gar nicht so weit vorne weg, 24 Stunden sinds nur, dann gehts schon wieder nach Hause.
Der AlpenX Valser Jöchl ist der totale Reinfall. Abbruch nach nur einem Tag.
Anreise mit dem Zug zum Brenner, alles gut gelaufen. Da ist auch nicht sonderlich viel dabei.
Die ersten Kilometer, aufm Radweg, über Gossensass Richtung Sterzing, machen richtig Spass. Es geht bergab, ich schwelge in Erinnerungen, wie oft ich hier schon runter bin und wie ich mit Alex die nähere Umgebung, Brenner Grenzkamm und Schlüsseljoch, unsicher gemacht habe.
Sterzing zu durchqueren läuft auch recht easy, im Grunde genommen gehts immer geradeaus und schon bin ich durch und aufm Radweg nach Brixen.
Es geht immer noch bergab, wenn auch nicht mehr mit dem Gefälle wie vom Brenner runter. Auf dem Radweg nähere ich mich der Ortschaft Mauls, kurz vor Mauls verlasse ich den Radweg und bike auf der Bundesstrasse in den Ort.
So, von jetzt an gehts bergauf, 1200 hm am Stück. Es ist schwül heiss, der schwarze Asphalt reflektiert die Hitze der Sonne, die Höhenmeter werden mir hier nicht geschenkt. Die steile Asphaltstrasse führt lange
Zeit am Maulserbach entlang. Kurz vor der Ortschaft Ritzail wird das Tal in dem ich mich nach oben bewege, weiter, ich sehe fleissige Leute bei der Heuernte. Alles läuft...
Aus m heiterem Himmel spüre ich Regentropfen auf meiner Haut.
Naja, soll mir ganz recht sein, ein bischen Abkühlung schadet nicht. Wie es dann recht schnell stark zu regnen beginnt, denke ich mir, okay, eine kleine Pause unter einem Baum soll mir auch
ganz recht sein. In einer halben Stunde ist der Spuk vorbei, denke ich. Unter einem Baum stehend freunde ich mich mit einer Eidechse an. Das kleine Reptil sucht auch Schutz vor dem wolkenbruchartigen Regen.
Mittlerweile donnert und blitzt es wie wild. Es ist kein tiefes Donnergrollen sondern ein elektrisches Schlagen welches meine Ohren betäubt. Es regnet wie verrückt, die Äste des Baumes können mir schon lange
keinen Schutz mehr bieten vor den Wassermassen, der kleinen Eidechse bestimmt auch nicht. Ich stehe mittlerweile zwei Stunden unter dem Baum, das Gewitter zieht einfach nicht weiter, es hat sich festgefressen.
Zum Blitzen und Donnernist jetzt Hagel gekommen. Ich überlege meine Alternativen. Auf dem Weg, den ich mich raufgekämpft habe wieder runterrollen, und bei strömenden Regen aufm Radweg nach Brixen. 200 Höhenmeter
habe ich noch nach oben. Was ist besser? In einer vermeintlichen Auflockerung mache ich mich auf den Weg nach oben. Warum? Das weiss ich selber nicht. Ich habe noch ein Paar hundert Meter zu fahren, hier schießt
mir das Wasser 10 cm tief auf dem Fahrweg entgegen. Nach ein paar hundert Meter ist der Fahrweg zu Ende. Den Wiesenpfad welcher weiter nach oben führt, finde ich erst im zweiten Anlauf. Auf schmierigen, sumpfigen
Wiesengelände stapfe ich nach oben. Nicht nur einmal rutschen mir die Füße weg. Der Wiesenpfad ist sausteil, alle 20 Meter muss ich stehenbleiben, ich habe keine trockene Stelle mehr an meinem Körper, bin kaputt.
Irgendwann, ich weiß nicht wie lange ich bis hierher gebraucht habe, sehe ich die Bergstation der Jochtal Bahn auf 2006 m Höhe. Aber es dauert immer noch lange Zeit bis ich dann dort bin. Es ist mittlerweile
eisig kalt, ich friere am ganzen Körper. Aufwärmen in der Gaststube der Bergstation funktioniert nicht, es ist einfach zu kalt.
Ich ziehe mitleidige Blicke auf mich. Überall wo ich mich bewege, breitet sich eine zwei Meter große Wasserlache um mich herum aus. Wieder suche ich eine vermeintliche Regenpause um mich auf dem Weg nach unten zu machen. Wieder finde ich eine, vermeintliche, die sich doch recht schnell als eine Fortsetzung des Regens herausstellt. Aber egal, ich kenne den Fahrweg hier runter, mit Jonas war ich hier schon mal. Diesmal lasse ich Trails neben der Strasse aus, ich will nur runter ins warme Tal. Der Fahrweg ist ausgespült, ich stottere nach unten...
Über Spinges komme ich nach Schabs. Ich spüre für einen kurzen Augenblick Glück in mir, denke jetzt habe ich den Wahnsinn hinter mich gebracht, rolle zum Hotel, Dusche, Pizza, Bier und die Welt ist wieder deine. Denkste. Genau in diesem Glücksmoment schwimmt mein Hinterreifen. Das gibts doch nicht. Ich habe einen Platten. Am Feuerwehrhaus in Schabs geht der Wahnsinn weiter. Total entkräftet mit klammen, gefrorenen Händen schaffe ich es nicht, den Mantel vom Reifen runter zu montieren. Mir bleibt nicht anderes übrig als ein Taxi zu rufen und mich zum Hotel shutteln zu lassen.
Was gibt es noch zu sagen? Mein Hinterreifen wird repariert, am nächsten Morgen bekomme ich mein Bike nach einer schlaflosen Nacht wieder. Die Wettervorhersagen sagen für die nächsten drei Tage das gleiche Theater voraus. Vormittags schwülwarm, am Nachmittag Wärmegewitter. Ich weiss lange Zeit nicht was ich machen soll. Selbt wie ich das Zugticket Brixen - Innsbruck für 19,- Euro schon in der Hand halte, überlege ich nochmal es wieder weg zu schmeißen und den AlpenX doch fortzusetzen. Mit langem Gesicht sitze ich dann aber doch im Zug Richtung Innsbruck und nach Hause.
Der AlpenX 2019 übers Valser Jöchl war nix, ein totaler Reinfall wars. Nach 2008 jetzt mein zweiter AlpenX Abbruch, so quotenmäßig bei 12 Starts ja auch wieder nicht soo schlecht.
2020 gehts auf alle Fälle wieder weiter... :-)